Rechtsgutachten zu Tierschutzkontrollen: Mehr und strengere Tierschutzkontrollen in Landkreisen nötig 25. April 202325. April 2023 Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat bundesweit erstmalig ein Gutachten zum „Kontrollmaßstab für die tierschutzrechtliche Überwachung von Intensivtierhaltungsanlagen“ in Auftrag gegeben. Im Vorfeld hatte die Fraktion durch Anfragen an die Regierung den aktuellen Stand ermittelt. Ergebnis war, dass lediglich ein kleiner Teil der Anlagen überhaupt kontrolliert wird (12 Prozent der Anlagen), zugleich aber ein hoher Anteil an Verstößen (35 Prozent) festgestellt wurde. Das Gutachten beantwortet nun die Frage, unter welchen Voraussetzungen die zuständigen Veterinärbehörden bei festgestellten und sich abzeichnenden Verstößen in Tierhaltungsanlagen tätig werden müssen. Es untersucht zudem, welchen Maßstab die Überwachungsbehörden bei den tierschutzrechtlichen Kontrollen anlegen müssen. Auch die Häufigkeit der Kontrolle wird beleuchtet. Ergebnis: Kontrollmaßstab muss Tierschutzgesetz sein, TierSchNutztV reicht nicht aus Das Gutachten der Rechtsanwälte Ulrich Werner und Peter Kremer zeigt, dass sich die Überwachung nach § 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) richten muss. Die Vorschrift besagt, dass die Tiere artgerecht gehalten werden müssen und dass ihre Unterbringung nicht zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden führen darf. Diese Vorgaben müssen in neuen und bestehenden Anlagen eingehalten werden. In der Praxis wird stattdessen nur die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) angewendet. Aus Sicht der Gutachter reicht dies nicht aus, wenn es zu Verstößen gegen diese Vorgaben kommt. Tierhalter*innen können sich demnach also weder auf eine bestehende Genehmigung berufen, noch auf die Einhaltung der TierSchNutztV. Die Überwachungsbehörden der Landkreise müssen dem Gutachten zufolge Anordnungen erlassen, wenn Grundbedürfnisse der Tiere unangemessen zurückgedrängt oder Schmerzen bzw. vermeidbare Leiden oder Schäden hervorgerufen werden – oder diese auch nur drohen. Außerdem obliegt den Veterinärbehörden eine Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle. Zu den Ergebnissen des Gutachtens sagt Benjamin Raschke, Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Tierschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag: „Die Veterinärämter der Brandenburger Landkreise kontrollieren pro Jahr nur gut jede zehnte Anlage. Und das offenbar auch noch nicht nach dem strengen Maßstab des deutschen Tierschutzgesetzes. Und dennoch ist schon jetzt die Zahl der Verstöße hoch. Es braucht erstens dringend mehr Personal in den Landkreisen und zweitens viel schärfere und konkretere Maßstäbe für die Kontrollen. Das Gutachten zeigt erstmalig auf, dass es offenbar bundesweit eine Regelungslücke gibt. In Brandenburg wollen wir diese Lücke nun gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium schließen. Die Amtstierärztinnen und Amtstierärzte brauchen dringend personelle Unterstützung und unmissverständliche, landesweit einheitliche Vorgaben.“ Hintergrund: Im Jahr 2021 wurden 12 Prozent der 8.087 tierhaltenden Produktionsstätten in Brandenburg von den Veterinärämtern kontrolliert. Dabei wurden in 346 Fällen Verstöße beanstandet. Die Beanstandungsquote lag damit bei ca. 35 Prozent. Seit Jahren stehen die Kontrollen in Tierhaltungsbetrieben in Brandenburg in der Kritik. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag setzt sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Nutztieren und eine umfassende Kontrolle ein. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, landesweit ein hohes und einheitliches Niveau der Tierschutzkontrollen durch die Veterinärämter der Landkreise durchzusetzen. Mehr siehe Link zur Antwort auf die kleine Anfrage „Verstöße“ und PM Link zur Antwort auf die kleine Anfrage „Kontrollen“ und PM Link zum Gutachten Link zum Factsheet Tierschutz Tierschutzgesetz § 2 Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, 2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, 3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.