Verkehrswende vorantreiben

– Es gilt das gesprochene Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Gäste.

Werte Abgeordnete, Hand aufs Herz oder in die Höhe: Wer von Ihnen ist diese Woche mit dem Umweltverbund zum Landtag angereist? Also zu Fuß, mit dem Rad oder vor allem mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln.

Und ich bin auch froh, dass es doch einige hier im Saal sind. Das freut mich!

Wie erwartet ist der Großteil mit dem Auto angereist. Das will ich gar nicht werten, dafür gute Gründe, später mehr. Ich weiß, dass viele Ihnen gern auch Bahn fahren. Aber wir alle wissen: in der Regel sind Abgeordnete mit dem Auto unterwegs. Und eventuell, und darauf möchte ich hinaus, haben Sie deshalb vielleicht nicht so sehr im Blick, dass viele Züge dauerhaft rappelvoll sind. Trotz Corona, und auch nach dem 9 Euro-Ticket.

Da wir hier ja alle unterschiedliche Themen bearbeiten, haben Sie vielleicht auch nicht auf dem Schirm, dass es eine Volksinitiative Verkehrswende in Brandenburg gibt, und dass gerade mit der Initiative um ein Mobilitätsgesetz gerungen wird. Was Ihnen dagegen sicherlich nicht entgangen ist: Das Ende des Verbrenner-Motors in der EU ab 2035. Gestern beschlossen, ein Meilenstein!

Das wissen Sie sicher. Was vielleicht nicht so sehr im Bewusstsein ist: dass sich etliche Firmen und Zulieferer in Brandenburg genau darauf vorbereiten und dort enorme Marktchancen sehen. Ganz sicher nicht entgangen ist Ihnen der Boom bei den Elektrofahrrädern. Schon, weil ich weiß, dass viele Ihnen und Euch selbst mit dem Rad gern unser schönes Bundesland fahren. – Das können wir ja auch mal gern gemeinsam machen.

All das, werte Abgeordnete, ergibt ein Gesamtbild: Nach all den langen Debatten und Kämpfen der letzten Jahrzehnte ist klar: Die Verkehrswende in Brandenburg hat begonnen. Und sie ist nicht mehr aufzuhalten! Und ja, Sie hören da sicher einen gewissen Stolz heraus, was wir als Grüne und auch wir als Koalition schon erreicht haben.

Dass wir alle 

  • für einen einheitlichen Preis, nämlich 49 Euro, 
  • ab dem nächsten Frühjahr nicht nur durch ganz Brandenburg, sondern durch ganz Deutschland fahren können, 
  • kostengünstig und klimafreundlich, 
  • mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ohne auf ein eigenes Auto angewiesen zu sein, 
  • für 49 Euro im Monat, also für weit weniger, als eine Tankfüllung kostet, ist doch unglaublich.

Klar, das stand zwar im Wahlprogramm – aber war doch im Grunde noch vor zwei Jahren kaum vorstellbar. Das wird ein großer Schritt hin zu einer sozialen und ökologischen Verkehrswende, das haben wir gemeinsam errungen, darauf können wir uns auch gemeinsam freuen!

Und auch in der Landespolitik: Die Linke hat uns mit Pressemitteilungen und einem Antrag beglückt, wie wenig die Koalition denn beim Verkehr mache – und dass die Linke da selbstverständlich viel mehr machen würde.

Nun ja.

Wenn man sich ihre aktuellen Vorschläge ansieht, sind die nicht so schlecht. Sie haben gut bei der Volksinitiative Verkehrswende abgeschrieben. Es sind Ziele, die noch nicht erreicht sind, die wir aber durchaus teilen.

Wenn man aber den Vergleich macht, und sich die reale Verkehrspolitik unter ihrer Regierungsführung ansieht, dann rate ich doch, – ganz friedlich – zur Abrüstung, liebe Linke. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung gab weniger 5 Millionen Euro pro Jahr für den Radverkehr. Wir haben dafür gesorgt, dass da ein Vielfaches reinfließt. Für Radwege, für Fahrradparkhäuser, die Lastenradprämie kommt auch noch dazu.

Allein durch die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Doppelhaushalt kommen nochmal 28 Millionen oben drauf! Bei den Mitteln für den Busverkehr in den Landkreisen sah es unter rotrot eher trist aus. Wir steigern die Mittel jedes Jahr um 1,5 Prozent. Wir investieren in Infrastruktur und Fahrzeuge. Und auch hier legen wir allein durch Änderungsanträge zum Haushalt nochmal 24 Millionen oben drauf!

Und weil Sie Überraschungen nicht so lieben, sage ich es schon heute: Nächste Woche verraten wir Ihnen auch noch, was es aus dem Rettungsschirm darüber hinaus noch geben wird. Etwa für die Umstellung der Fahrzeugflotte auf klimafreundliche Antriebe.

Und last but not least: Wir wollen klimafreundliche Mobilität vor allem für die ländlichen Räume. Da sind wir beim Schienenverkehr, bei der Bahn. Da sagen die Fakten: Mit dem nächsten Fahrplanwechsel steigern wir das Angebot um 45 % gegenüber 2017, rot-Rot.

Damit sind wir im Vergleich der Bundesländer Spitzenreiter (!) was den Ausbau des Regionalverkehrs angeht.

Ich bin sehr froh, dass wir mit dem nächsten Haushalt auch festschreiben, dass es für die RB 63 und die RB 73/74 konkrete Untersuchungen zum Kosten und Nutzen geben wird! Denn damit schaffen wir die Voraussetzung für Fördermittel vom Bund, um die Strecke dauerhaft zu reaktivieren – und das ist gut so!

Ja, es geht endlich in die richtige Richtung, und wir haben Grund, das stolz zu verkünden. Aber: Wir Grüne und wir als Koalition werden und können uns damit nicht zufrieden geben. Denn wir messen uns ja nicht an dem, was wir hier verkünden, sondern an dem, was im Land passiert, und was noch zu tun ist.

Und da ist klar: das reicht noch nicht!

Zu oft sind Bus und Bahn noch die schlechtere Alternative, weil oft überhaupt kein Bus fährt. Weil die App auf dem Handy mal wieder angibt: „Fehler. Verbindung nicht möglich“. Weil die Züge selten fahren, oder völlig überfüllt sind. Weil Radwege oft Fehlanzeige sind. Und, das finde ich besonders bitter, weil von sicheren Schulwegen für unsere Kinder oft gar keine Rede sein kann.

Daher haben wir uns als Koalition ein klares Ziel gesetzt: 2030, in 8 Jahren, soll mehr als die Hälfte, sollen 60% aller Wege in Brandenburg mit dem Rad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

Und da kommen wir gar nicht dran vorbei. Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, warnte anlässlich der Weltklimakonferenz, ich zitiere: „Die Menschheit steuert auf einen Abgrund zu, auf eine Erwärmung von über 2,5 Grad, mit verheerenden Auswirkungen auf unser Leben auf dem einzigen Planeten, den wir haben“

Das klingt dramatisch. Es beschreibt aber leider genau unsere Lage. Auch in Brandenburg. Wir hatten dieses Jahr so viele Waldbrände wie nie zuvor, die Landwirtschaft ächzt unter der Dürre, die Hitze im Sommer war unerträglich, einige Flüsse konnten Sie trockenen Fußes überqueren. Und das ist ja nur der Vorgeschmack.

Deshalb müssen wir mehr tun!

Und wir müssen auch mehr tun, weil die sozialen Folgen der bisherigen Verkehrspolitik verheerend sind. Nicht nur, weil sie das Klima anheizen, Millionen Menschen in Flucht und Migration zwingen, und die Alten und Schwachen in unseren Hitzesommern sterben. Nicht nur, weil herkömmlicher Verkehr, Straßen, Lärm, Abgase, Millionen Menschen krank machen. Sondern auch, weil Verkehrswende Teilhabe ist.

Auch wenn Auto und Führerschein lange Zeit gesellschaftlicher Standard waren: faktisch kann sich das nicht jede und nicht jeder leisten! Schon jetzt hat mehr als die Hälfte der ärmsten Haushalte gar kein Auto Diese Menschen sind auf den Bus und die Bahn angewiesen, wenn Sie arbeiten, einkaufen, zur Landärztin wollen. Mit den immens steigenden Lebenshaltungskosten werden das täglich mehr.

Das ist Daseinsvorsorge – und es ist unsere Aufgabe, dass nicht immer mehr Menschen ausgegrenzt und ausgeschlossen werden!

Sie sehen, wir müssen noch mehr Tempo machen, und wir werden noch mehr Tempo machen!

Konkret: 

  • Bisher gibt es nur ein Landesstraßennetz, wir wollen auch ein landesweites Radnetz! 
  • Wir planen Radschnellwege in Brandenburg, und Radwege auch unabhängig von Straßen. Beides ist bislang rechtlich ausgeschlossen und ungeklärt, deshalb werden wir als Koalition das Straßengesetz ändern! 
  • Wir haben den Irrsinn gestoppt, dass immer neue Landesstraßen gebaut werden. Der Bund aber plant fröhlich weiter an Bundesstraßen, da gehören einige Projekte auf den Prüfstand! 
  • Wir als Grüne wollen eine Mobilitätsgarantie für Brandenburg, damit man jederzeit von 5-22h mindestens einmal pro Stunde raus aus der Stadt oder rein ins Dorf kommt! 
  • Und zu guter Letzt: Bereits vereinbart ist ein Mobilitätsgesetz für Brandenburg, das wäre ein Meilenstein. Hier wird gerade mit der Volksinitiative Verkehrswende um die konkreten Inhalte gerungen, und ja, da geht es auch ordentlich zur Sache.

Ich will die Chance nutzen und an die CDU appellieren: Lieber Guido Beermann, wir alle wollen die Verkehrswende, lassen Sie den Gesprächsfaden nicht reißen!

Werte Abgeordnete, zu guter Letzt eine Bitte: Schauen Sie bitte in den Brandenburg-Monitor, die große Untersuchung zur Stimmung in der Bevölkerung, die letzte Woche herausgegeben wurde.

Ich musste mir die Augen reiben: Der Klimaschutz wird neben der Inflation als wichtigstes politisches Problem in Brandenburg eingeschätzt. Es gibt große, wachsende Mehrheiten für den Ausbau der Windkraft, klarer Zuspruch für das Ende der Tagebaue, für ökologischen Strom, den wir für eine Verkehrswende brauchen.

Deswegen gehe ich zum Schluss noch weiter: Die Mehrzahl der Menschen in Brandenburg ist nicht nur bereit.

Sie erwartet von uns vollen Einsatz für eine Verkehrswende, die den Klimaschutz voranbringt, die Lebenshaltungskosten senkt, die Lebensqualität steigert.

Lassen Sie uns noch einen Gang zulegen!

Vielen Dank!